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Wendepunkt

 

Schwankend schaukeln. Eisig kalt und trocken-warm reisen. Regennass und stickig-feucht. Atemberaubend. Windig. Einfach schön. Das offene Meer an steilen Klippen, Fjorde und kleine Nester, die irgendwo im nirgendwo kleben. Riesige Vogelkolonien. Im Mahnmal an die Hexenverbrennungen wird mir schlecht. 91 Lichter, 91 Menschen. Trolldomsdømte – Tod im Feuer. Ein unendlicher Gang.

Und solch schöne Kirchen bauen die selben Menschen.

 

Wendepunkt.

 

Im zweiten Anlauf klappt unser Besuch am Nordkapp, bei schönstem Wetter lassen wir uns beeindrucken vom Meer, den Felsen und einem irgendwie gut gemachten Touristenort mit Rummel und Stille, Banalem neben Interessantem. Ab jetzt gehts zurück in den Süden, in die warme Dunkelheit. Und wie der Sommer beginnt (=

 

So eine Schifffahrt hat schon auch was ;)
So eine Schifffahrt hat schon auch was ;)

 

Hügel werden zu Fjell, bald schon Bergen. Alpen, direkt aus dem Meer wachsend. Im Wetterwandel mühelos dahin gleiten, ganz ohne eigene Anstrengung, und die verschiedensten Landschaften im Eiltempo an uns vorbei ziehen lassen. Quallensterne im Meer. Von Flechten zu Birken und zurück ins Reich der nadelbewaldeten Hänge. In wenigen Stunden.

 

Die Rentnerbeschäftigungen an Bord sind interessant und amüsant, zuweilen etwas seltsam. Das erste Schiff, MS Vesterålen, versprühte historischen Charme mit einer gut gemachten Ausstellung zur Geschichte der norwegischen Postschifffahrt. Die See war rau, das Boot eher klein und gemütlich im Spiel der Wellen gefangen. Ganz anders die topmoderne MS Nordnorge: hier begrüsst uns ein einfallsreiches Expeditionsteam, dass uns Land und Leute etwas näher bringt, und sie wartet mit ungeahnten Annehmlichkeiten auf. Die leichten Wellen bei geschützter Fahrt sind auch auf dem siebten Deck kaum zu spüren.

 

 

Einfahrt bei strahlender Mitternachtssonne in Tromsø, traumhaft gelegen auf einer Insel im Höhenmeer. Nach dem letzten Schnee vor zwei Wochen erwischen wir hier regnerisch-kalte und sonnen-warme Tage. Genusstage, Wartetage. Heimatgefühl. Wasser sprudelt direkt vor unserer Haustür, Schneefeldglucksen. Wandern auf den Höhepunkt. Wir tauschen sonnig-bergige Kindheitserinnerungen.

 

 

 

PS: falls ihr selbst mal auf grosse Fahrt geht, auf www.2-radreisen.de/basics/ hats ein paar echt praktische Tipps dabei. Und auch sonst ganz gut zu lesen ;)

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Heinz Gabathuler (Montag, 09 Juli 2018 22:59)

    wow, ihr habt's geschafft, kurz nach Mittsommer, ans Nordende und jetzt schon wieder auf dem Weg nach unten. Gratuliere auch zur guten Schreibe, macht doch ein Buch draus, wenn ihr zurück seid :-)

  • #2

    Marius (Mittwoch, 11 Juli 2018 07:48)

    Wunderschön, die Bilder, die Texte, eure zufriedenen Gesichter und ihr habt euer erstes Ziel gesund und mit einem Seelenrucksack voller Bilder, Gefühlen, Begegnungen, Erinnerungen, Gerüchen, Licht und Schatten, Wärme und Kälte, Regentropfen und pflotschnass, sonnenerfüllt..... den ihr euer ganzes Leben mit euch tragen werdet und das Schöne, dieser Seelenrucksack braucht keine Ersatzteile, ist federleicht und kommt einfach mit bis ins hohe Alter. Ihr habt euch etwas wunderschönes erarbeitet und geschenkt, mit Beharrlichkeit, Klugheit, guter Planung, viel Kraft, Sorgfalt und viel Liebe.
    Ich danke euch von herzlich, dass ich daran teilhaben darf.
    Marius :)

  • #3

    Ursi (Samstag, 14 Juli 2018 14:34)

    Da kann ich mich dem " Vorschreiber" nur anschliessen. Es reut mich schon jetzt, wenn Eure Reise zu Ende ist und ich Eure eindrücklichen Bilder und Texte nicht mehr mitverfolgen kann.
    Danke vielmals und weiterhin gute Reise.
    Liebe Grüsse
    Ursi

  • #4

    Simon (Sonntag, 29 Juli 2018 16:56)

    Wow, danke für die schönen Worte!
    Ein Buch wird es wohl nicht geben (vielleicht ein Fotoabend mal..), aber nach längerer Internetpause gibts wieder mal etwas neuen Lesestoff. Viel Spass (=