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Gastfreundschaft und blühende Ebenen

 Zu Gast bei Megi und Ladja. Ein Nachmittag Wiedersehen und Lebensaustausch. Herzliches Willkommen mit einer Stadtführung über die Karlsbrücke und die Gasse der tschechischen Dichter zur Prager Burg, am kleinen Eiffelturm (dessen Spitze mit Hilfe eines Hügels die gleiche Höhe wie das Original erreicht) vorbei, gefolgt von einem guten Essen mit lokalen Spezialitäten. Ein Tag Erholung, Wäsche waschen, wunderbares Essen geniessen, Zelt flicken und Deichsel verstärken. Jede Menge gute Tipps und Reise-Hinweise und jede Hilfe, die man sich auf einer Reise nur wünschen kann. Vielen Dank für die tolle Gastfreundschaft, und falls ihr mal in einem schnell strömenden Fluss schwimmen, oder sonst die Schweiz besuchen wollt: herzlich Willkommen!

 

 

Auf Ladjas anraten kommen wir elegant der Vltava nach wieder aus der Grossstadt hinaus, umfahren den schlimmsten Verkehr im Süden und gelangen ohne grossen Stress auf das Tschechische Plateau hinauf. Manchmal wird die Navigation hier etwas schwierig: wir finden immer wieder löchrige Landstrassen, entdecken einen Radweg dessen Strasse einfach untergepflügt wurde (und wohl nach zwei Kilometern unter dem Feld in einem Dorf wieder auftaucht) und müssen plötzlich einen Umweg suchen, da die Umleitung der Lokalstrasse über die Autobahn führt..

Am Abend erreichen wir müde und mit gefühlt leerer Batterie einen kleinen See für unser Nachtlager bei Sadska. Leicht unruhig wegen der vielen Videoüberwachungs-Schilder mit für uns nicht übersetzbarem tschechischem Text und teils horrenden Bussbeträgen (wofür wohl?), beschliessen wir, es dennoch den lokalen Anglern gleich zu tun und hier zu übernachten. Für den Morgen haben wir sicherheitshalber einen Wecker gestellt, was sich aber als unnötig erweist. Wir verbringen eine ruhige Nacht an einem der bisher schönsten Plätzchen und werden von quakenden Fröschen und singenden Vögeln geweckt.

 

Von nun an folgen wir langen Strassen mit blühenden Büschen, langsam steigend hin zum Riesengebirge. In den Dörfern entdecken wir immer wieder schmucke Häuschen und andere kleine Sehenswürdigkeiten, und als wir bei einer Holzkirche halt machen und die Nachbarn um etwas Trinkwasser fragen, werden wir gleich zum Essen eingeladen. Da wir noch viel dabei haben lehnen wir dankend ab, aber zumindest einen kleinen Aperitiv kosten wir dann doch: sehr lecker, Danke!

 

 

Bei unserer Mittagsrast in Horice, einer kleinen Stadt auf unserer Route, geniessen wir – ein weiterer Tipp von unseren Gastgebern – die hiesigen Gebäcke: mit allerlei Cremen gefüllte Biscuits, fast zu gross um alle zu probieren, aber echt fein :)

Hier finden wir auch ein WC mit Steckdose und schieben – wie mittlerweile gewohnt – ein kleines Dankeskärtchen mit einem Extrabatzen unter der Tür zum Putzraum durch. Neu mit Strom versorgt, hoffen wir ohne Schwierigkeiten über die letzte Erhebung auf unserem Weg zum Meer zu kommen – auch wenn der Himmel weiterhin wolkenverhangen bleibt.

 

Leider scheint Rübezahl unsere Durchfahrt tatsächlich nicht zu gefallen – wir sehen nur dessen Statuen von Zeit zu Zeit, seine Heimstatt versteckt der Geist des Gebirges in Wolken und Regen. Nach einem regennassen Tag leisten wir uns zum Trocknen ein Hotelzimmer in Kamienna Gorá, der ersten grösseren Stadt in Polen. Aufgewärmt von einer heissen Dusche ziehen wir doch noch los zu einem kleinen Rundgang, doch der Lehrpfad zu altem Kriegsgerät und verschlossene Kirchen, wie auch der stetig kalte Regen laden nicht zu einer grösseren Erkundung ein. Nebelgrauen an der eisernen Grenze.

 

Der nächste Tag startet schon deutlich schöner: zwar noch bewölkt, aber wieder trocken fahren wir eine tolle, sandgesäumte (ob der wohl aus der grössten Europäischen Sandwüste kommt, die leider nicht mehr an unserem Weg liegt?) Strasse die Berge hinab. Die Menschen sind freundlich, antworten auf unseren Gruß mit lustigem Winken und haben offensichtlich Freude am seltsamen Gefährt. Beim füllen des Benzinkochers ergibt sich eine begeisterte Begegnung mit Max, dessen Sohn im polnischen Bahnrad-Nationalteam fährt und der sich gut mit Fahrrädern auskennt: „Aber so etwas habe ich noch nie gesehen!“. Wir fahren heute eine lange Etappe um noch nach Wroclaw (Breslau) zu kommen – da wir erst Mitte nächste Woche in Warschau sein wollen, haben wir beschlossen uns einzelne Tage Zeit zu nehmen, um Städte und Naturschönheiten zu besuchen.

 

 

 

Wroclaw. Stadt der Kirchen und Künste. Die Campings sind geschlossen, aber zwei sehr freundliche Jogger empfehlen uns ein schönes Plätzchen zum Wildzelten in den Oderauen. Das scheint hier – wie auch in Tschechien – durchaus gebräuchlich und geduldet zu sein. Für einen Tag Sightseeing steigen wir dann in einem gemütlichen Hostel mit Erdbeben-lautem Tramverkehr ab und finden im lokalen Hackerspace auch gleich den idealen Ort, um die Deichsel nochmal richtig zu verstärken. Bis hierhin hat sie gehalten, aber sie ist definitiv der erste Schwachpunkt unserer Konstruktion..

 

Auf unserem Rundgang entdecken wir neben einem veganen Laden und zwei Restaurants einige bemalte Gebäude, kontrastreiche Gebäudekombinationen aus verschiedenen Zeiten und versteckt-geheimnisvolle Hinterhöfe. Es gibt hier viele Galerien, wir beobachten einige Zeichenkünstler bei der Arbeit und uns gefällt die belebt-betriebsame, trotzdem irgendwie überschaubare Atmosphäre. Grosszügige Parks laden zur Erholung ein, und am Abend verlockt uns ein Klarinettenspieler mit wunderbaren Klängen, eine Weile innezuhalten und zu lauschen.

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